KMU in der Schweiz: Strategien zur Inflationsbewältigung im Jahr 2024
- Fabian Reinarz
- 11. Nov. 2024
- 3 Min. Lesezeit


Die aktuelle wirtschaftliche Lage stellt viele Schweizer KMU vor große Herausforderungen. Die anhaltend hohe Inflation lässt die Preise für Rohstoffe, Energie und andere Betriebsmittel steigen und setzt Unternehmen unter erheblichen Kostendruck. Gerade in einer offenen und global vernetzten Volkswirtschaft wie der Schweiz sind die Auswirkungen der Inflation deutlich spürbar. KMU, die traditionell auf stabile Geschäftsbeziehungen und planbare Kosten setzen, sehen sich nun gezwungen, neue Strategien zur Inflationsbewältigung zu entwickeln, um ihre Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Welche Ansätze bieten sich an, um diese Krise erfolgreich zu meistern?
In der Schweiz hat die Inflation 2024 Rekordwerte erreicht. Im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten ist dies eine außergewöhnliche Situation, die auf verschiedene Faktoren zurückzuführen ist. Die Nachwirkungen der COVID-19-Pandemie, unterbrochene Lieferketten und der Ukraine-Krieg haben weltweit zu Versorgungsengpässen und Preiserhöhungen geführt. Diese Entwicklungen betreffen auch Schweizer KMU, insbesondere jene, die auf importierte Rohstoffe oder energieintensive Produktionsmethoden angewiesen sind, wie etwa das Baugewerbe, die Industrie und die Gastronomie.

Für viele Unternehmen ist es nicht möglich, die gestiegenen Kosten vollständig auf die Preise ihrer Produkte oder Dienstleistungen umzulegen, da dies die Nachfrage seitens der Kunden beeinträchtigen könnte. Um jedoch ihre finanzielle Stabilität und ihre Marktposition zu erhalten, müssen KMU kreative und strategische Wege finden, um die Kosten unter Kontrolle zu halten. Im Folgenden werden einige der wichtigsten Ansätze vorgestellt, die Schweizer KMU helfen können, die Inflationskrise zu bewältigen.
1. Kostenoptimierung durch Effizienzmaßnahmen
Die erste Maßnahme, die viele KMU ergreifen, besteht darin, die Effizienz ihrer Betriebsabläufe zu erhöhen. Dies beginnt mit einer detaillierten Analyse der laufenden Betriebskosten. Die Identifizierung und Eliminierung unnötiger Ausgaben kann sofortige Entlastung bringen. Beispielsweise können Unternehmen ihre Energiekosten durch Investitionen in energieeffiziente Technologien, wie LED-Beleuchtung oder verbesserte Isolierungen, senken. Außerdem kann die Digitalisierung von Prozessen – wie die Umstellung auf papierlose Buchhaltung oder die Implementierung von Automatisierungstools – helfen, Personal- und Materialkosten zu sparen.
Auch eine Überprüfung der Lieferantenstruktur und eine Optimierung der Beschaffung können Kosten reduzieren. Unternehmen, die ihre Lieferantenbeziehungen überdenken und gegebenenfalls neue, kostengünstigere Lieferanten suchen, haben hier oft Potenzial zur Einsparung. Wichtig ist dabei, nicht nur auf den Preis zu achten, sondern auch auf die Zuverlässigkeit und Flexibilität des Lieferanten, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
2. Preisanpassungen mit Fingerspitzengefühl
In Zeiten steigender Kosten kommen viele KMU nicht umhin, ihre Preise anzupassen. Dies muss jedoch behutsam und mit Blick auf die Kundenbindung geschehen. Transparenz ist hierbei ein entscheidender Faktor: Wenn Kunden verstehen, warum eine Preiserhöhung notwendig ist und wie sich die gestiegenen Kosten auf das Unternehmen auswirken, steigt die Akzeptanz. Einige KMU haben Erfolg damit, Preisanpassungen schrittweise vorzunehmen und dabei offen zu kommunizieren, welche Kostensteigerungen die Preiserhöhung auslösen.
Eine gezielte Preisdifferenzierung kann ebenfalls hilfreich sein. So könnten bestimmte Produkte oder Dienstleistungen, die weniger preissensibel sind, stärker erhöht werden, während bei anderen Preisen geringere Anpassungen vorgenommen werden. Auf diese Weise können KMU ihre Erträge stabilisieren, ohne die Nachfrage empfindlich zu beeinträchtigen.
3. Langfristige Lieferantenverträge zur Kostensicherung
Eine weitere Möglichkeit, um die Inflationsauswirkungen zu mindern, ist der Abschluss langfristiger Verträge mit Lieferanten. In vielen Branchen, insbesondere im Handel und in der Industrie, sind die Preise für bestimmte Rohstoffe oder Materialien starken Schwankungen unterworfen. Durch die Absicherung mit langfristigen Verträgen können KMU stabile Preise garantieren, was die Planungssicherheit erhöht und vor unvorhergesehenen Preisspitzen schützt.
Langfristige Beziehungen zu Lieferanten bieten außerdem die Chance, bessere Konditionen auszuhandeln, insbesondere wenn das Unternehmen regelmäßig größere Mengen abnimmt. Dies kann sich besonders bei Rohstoffen und Materialien wie Metall, Holz oder bestimmten Lebensmitteln als vorteilhaft erweisen. Einige KMU berichten auch, dass sie durch Bündelung ihrer Bestellungen mit anderen Unternehmen in Einkaufskooperativen ihre Verhandlungsposition stärken und bessere Preise erzielen konnten.
4. Diversifizierung der Einnahmequellen
Eine weitere Strategie zur Bewältigung der Inflation besteht darin, die Einnahmequellen zu diversifizieren. KMU können beispielsweise neue Märkte erschließen oder ihr Produktportfolio erweitern, um zusätzliche Einnahmequellen zu schaffen. Dies kann auch bedeuten, auf Dienstleistungen zu setzen, die weniger materialintensiv und damit weniger anfällig für Rohstoffpreissteigerungen sind. Auch die Entwicklung von Abonnementmodellen oder Serviceleistungen als Ergänzung zu physischen Produkten kann helfen, die Einnahmen stabil zu halten.
5. Investitionen in Innovation und Digitalisierung
Die Digitalisierung eröffnet KMU zusätzliche Chancen, um ihre Prozesse zu optimieren und Kosten zu senken. Investitionen in digitale Technologien – wie Cloud-Computing, künstliche Intelligenz oder datengetriebene Entscheidungsfindung – können langfristig die Effizienz steigern und die Resilienz gegenüber wirtschaftlichen Veränderungen verbessern. Zudem eröffnet die Digitalisierung die Möglichkeit, neue Vertriebswege zu erschließen und den Kundenservice zu verbessern, was wiederum zur Kundenbindung beiträgt.
Fazit:
Die Bewältigung der Inflationskrise ist für viele Schweizer KMU eine Herausforderung, die eine flexible und vorausschauende Herangehensweise erfordert. Kostenoptimierung, Preisanpassungen, strategische Lieferantenverträge, Diversifizierung der Einnahmequellen und Investitionen in Innovation sind entscheidende Schritte, um als Unternehmen stabil zu bleiben und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Während die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiterhin unsicher bleiben, können Schweizer KMU mit einer klaren Strategie und gezielten Maßnahmen die aktuellen Herausforderungen meistern und gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Dieser Artikel wurde verfasst von Fabian Reinarz, Redaktionsleiter der SKV Media des Schweizerischen KMU Vereins (SKV).
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